"Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel" - folgen wir diesem berühmten Jesuswort in der Übersetzung von Luther, dann war Jesus so etwas wie ein Surrealist.
Kamele,
die durch Nadelöhre gehen, erwarten wir eigentlich eher auf den Bildern
eines Dalí als in der Heiligen Schrift. Tatsächlich wurden mit Kamelos,
wie es in der griechischen Vorlage von Luthers Übersetzung heißt, keine
Tiere, sondern die Seile aus Cannabis bezeichnet, mit denen die
griechische Flotte vertaut war. "Eher geht ein Hanftau durch ein
Nadelöhr..." - das Bibelwort greift also zu einem ganz alltäglichen
Vergleich - und die Korrektur von Luthers Übersetzungsfehler bringt ein
verborgenes Stück Hanfgeschichte an den Tag. Außer im griechischen
Kamelos steckt Cannabis auch in dem bis heute gebräuchlichen englischen
Wort für Leinwand - Canvas - und eben solchen Canvas benutzte auch der
nach San Francisco ausgewanderte fränkische Schneider Levi Strauss für
seine 1873 patentierte Nietenhose - die erste Jeans. Kein anderes
Material hätte die auf dem Warenzeichen der Firma dargestellte
Zerreißprobe - zwei Pferde versuchen, eine Hose auseinanderzuziehen -
ausgehalten, außer dem unverwüstlichen Segeltuch aus Hanf, das Strauss
benutze. Für seine Kunden, die oft im Wasser arbeitenden Goldwäscher,
war aber nicht nur die Reißfestigkeit ihrer Arbeitshose interessant,
anders als alle anderen Fasern konnte Hanfgewebe ein Vielfaches seines
Eigengewichts an Wasser aufnehmen, ohne Schaden zu leiden und zu
verrotten. Diese "Naßfestigkeit" der Hanffaser war vor dem Siegeszug der
Kunstfasern absolut einzigartig und machte Cannabis zum unverzichtbaren
Rohstoff. Nicht nur für robuste Bekleidung und Uniformen, Planen und
Zelte, sondern vor allem für alle maritimen Zwecke: für Seile und Segel
eines einzigen Großseglers wurden über 60 Tonnen Hanffasern benötigt.
"Dampf statt Segel" und "Nylon statt Leinenhemden"...
...so
könnte man in Kurzfassung den Niedergang der Märkte für Hanffasern
beschreiben: billige Importbaumwolle für Bekleidung, billige
Ersatzfasern aus den Kolonien wie Jute und Sisal und seit den 1930er
Jahren die Kunstfasern, machten der angestammten Textilfaser Hanf die
Märkte streitig. Ähnlich verlief die Entwicklung auf dem Markt für
Papier, wo Hanffasern Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen neuen,
scheinbar kostenlosen Rohstoff ersetzt wurden: Wald. Durch neue
Maschinen zum Schreddern von Bäumen und Chemikalien zur Leimung wurde
die im Vergleich zu Hanf minderwertige Holzfaser zum bevorzugten
Papierrohstoff. Dass Hanf auf derselben Fläche 4-5 mal soviel Papier
liefert wie ein Wald spielte zu dieser Zeit eine untergeordnete Rolle,
die Bäume wuchsen ja von selbst und mussten nur geschlagen werden - seit
aber in jüngerer Zeit die klimatischen Konsequenzen eines Kahlschlags
des Planeten bewusst geworden sind, könnte Hanf einmal mehr zu einem
Retter in der Not werden. Ökonomisch wieder wettbewerbsfähig wird die
Hanffaser für Papier aber erst, wenn die ökologischen Schäden, die der
Kahlschlag von Regenwäldern verursacht, in die Rechnung für Holzpapier
eingeht. Dasselbe gilt für die Textilien aus Baumwolle: 50% aller
Pestizide werden in einem Anbauland wie den USA allein für Baumwolle
verbraucht. Solange die dramatischen Schäden, die dieser Gifteinsatz
verursacht, nicht in die Preise für die "billigen" Cotton-T-Shirts
eingehen - solange müssen Hanf-Textilien, für deren Anbau keinerlei
Pestizide eingesetzt werden, ein "hochpreisiges" Nischenprodukt bleiben.
Als technische Faser - im Dämmstoffbereich und im Automobilbau, ebenso
wie für Spezialpapiere (Zigarettenpapier) - hat sich Hanf seine
angestammten Märkte aber schon wieder zurückerobert. Selbst auf Jeans,
T-Shirts und Hemden aus Hanf - obwohl doppelt so teuer wie Baumwollware -
möchten viele Benutzerinnen und Benutzer nicht mehr verzichten. Sie
kommen giftfrei auf die Haut und verfügen wegen der perfekten
Feuchtigkeitsregulierung der Faser über einzigartige Trageeigenschaften:
"Cool when it's hot, hot when it's not."
Aussaat und Wachstum - Schneller als jedes Unkraut
"Es gibt keine Pflanze, die den Menschen mehr nützet als diese, sie ist sogar einträglicher als das Korn" heißt es in der "Abhandlung vom Hanfe" (Traité du chanvre) von Marcandier, die im 18. Jahrhundert in vielen europäischen Ländern erscheint. Diese hervorragende Nützlichkeit des Hanfs beginnt schon bei der Feldarbeit, denn es gibt keine andere Nutzpflanze, die im Anbau weniger Arbeit macht als Cannabis.
Bei einem Wachstum von bis zu 4 Metern entsteht ein regelrechter Dschungel
Ist der Hanfsamen, der in Mitteleuropa zwischen Mitte April und Mitte
Mai ausgesät wird, erst einmal in die Erde gebracht - tief genug, um vor
dem Appetit seiner natürlichen Freunde, der Vögel, geschützt zu sein -
kann sich der Hanfbauer für die kommenden 100 Tage getrost anderen
Aufgaben zuwenden. Mögliches Unkraut erledigt Cannabis von selbst und
legt dazu ein gigantisches Wachstumstempo an den Tag: in 3 Monaten
schießen die Hanfstengel bis zu vier Meter hoch und überschatten mit
ihren Blättern schon nach kurzer Zeit jede Konkurrenz um den Platz an
der Sonne. Der starke Geruch der Pflanzen hält auch tierische Parasiten
fern, sodass im Hanfanbau keinerlei Pestizide und Herbizide eingesetzt
werden müssen. Von der sehr seltenen Ausnahme eines als "Hanfwürgers"
bekannten Schädlings hat ein Hanffeld keine natürlichen Feinde - und
entsprechend wenige Freunde in der Pflanzenschutzmittelindustrie. Durch
den chemiefreien Anbau und seine "überragenden"
Anti-Unkraut-Eigenschaften hinterlässt Hanf für nachfolgende Pflanzen
einen optimal präparierten Acker, wobei die feinen Äderchen des
Wurzelwerks den gesamten Boden durchzogen und gelockert haben. Ein
Weizen- oder Kartoffelfeld, auf dem im Jahr zuvor Hanf stand, bringt 10%
mehr Ertrag, lautete eine Erfahrungsregel italienischer Bauern Anfang
des 20. Jahrhunderts. Schon vor jeder Nutzung ihrer Produkte ist die
Hanfpflanze so als ideale Zwischenfrucht ein Gewinn für die
Landwirtschaft und wie wissenschaftliche Versuche gezeigt haben sogar in
der Lage, durch Schwermetall vergiftete Böden zu reinigen. Die aus dem
Boden aufgenommenen Schadstoffe lagern sich dabei nur in den Blättern ab
- die entsorgt werden - nicht aber in den Stengeln und Fasern, die
weiterverarbeitet werden können.
Für die Gewinnung von Fasern werden die Pflanzen dicht aneinander ausgesät.
Was die Böden betrifft, zählt Cannabis zwar zu den anspruchslosesten Pflanzen überhaupt und wächst auf nahezu jedem Acker - um ihr Wachstumspotential auszuschöpfen und hohe Erträge zu erzielen braucht es freilich neben ausreichend Wasser auch einen nährstoffhaltigen Boden. Wird Hanf zur Fasergewinnung angebaut, werden die Samen in einem Abstand von wenigen Zentimetern ausgebracht. Die dicht stehenden Pflanzen wachsen weitgehend als lange, blattlose Stengel in die Höhe und bilden nur an den Spitzen Blätter und Blüten aus. Soll die Pflanze dagegen primär zur Gewinnung von Samen angebaut werden, wird sie in großem Abstand ausgesät, um durch das Austreiben von Seitentrieben möglichst viele Blüten und Samen auszubilden.
In der Europäischen Union sind etwa 40 Hanfsorten zum Anbau zugelassen. Wegen ihres geringen Gehalts an THC sind die Blüten dieser Hanfsorten für die Produktion von Marihuana oder Haschisch ungeeignet, weisen aber allesamt sehr gute Fasererträge auf. Aus den etwa 50 Kilo Saatgut, die beim Anbau zur Fasergewinnung pro Hektar gesät werden, hat sich 20 Tage nach der Aussaat auf dem Feld ein dichter grüner Teppich gebildet. Innerhalb der kommenden 3 Monate wächst sich dieser zu einem wahren Gründschungel aus - dank Wasser, Sonne, Stickstoff und anderen Nähstoffen im Boden steht nun das Tausendfache der eingesetzten Samenmenge zur Ernte an: die gigantische Menge von etwa 50 Tonnen Biomasse. In südlichen Breitengraden, etwa in Kalifornien und Kentucky, konnten wegen des schnellen Wachstums der Pflanze sogar zwei Ernten pro Jahr eingebracht werden. Wer sich jemals in die "grünen Hölle" eines erntereifen Hanffeldes begeben hat, kann unmittelbar verstehen, warum Hanf den Göttinnen der Fruchtbarkeit als heilige Pflanze zugeordnet war - Cannabis ist "The Mother of Green".
Blüte und Ernte - Die Königin der Nutzpflanzen
"Der Hanf ist nebst dem Flachse eines der nützlichsten Gewächse, womit der gute Gott die Erde segnet" heißt es in einem deutschen "Lehr- und Lesebuch für Mädchenschulen" aus dem Jahr 1807: "Die männlichen und weiblichen Blumen dieses Gewächses stehen auf zwei verschiedenen Pflanzen; der männnliche Hanf blühet zuerst, und wird nach dem Verblühen, da er seine Reife erlangt hat, ausgerauft. Der weibliche bleibt solange stehen, bis der Same reif ist, worauf er ebenfalls ausgezogen wird."
Die Verteilung der Geschlechter liegt bei der Hanfpflanze ähnlich wie beim Menschen bei ziemlich genau 50/50, anders als bei uns können aber Männchen und Weibchen nicht von "Geburt" an unterschieden werden - erst in der letzten Wachstumsphase, wenn die Ausbildung der Blüten beginnt, wird der "kleine Unterschied" sichtbar. Die männlichen Pflanzen bilden kleine Pollensäckchen aus, von denen die haarigen und harzigen "Fühler" der weiblichen Blüten bestäubt werden. Die schnellere Reifezeit der männlichen Pflanzen brachte in der vorindustriellen Zeit einen doppelten Ernteaufwand mit sich, da die erntereifen männlichen Pflanzen per Hand ausgelesen wurden - sie bis zur Reife der Weibchen stehen zu lassen, hätte die Stängel verholzt und zur Fasergewinnung unbrauchbar gemacht. Vor allem zur Gewinnung feiner Garne für Wäsche und Bekleidung, für die die frühreifen und zarteren Stengel männlicher Pflanzen bevorzugt verwendet wurden. Mit der Industrialisierung des Hanfanbaus und der Einführung von Mähtechnik wurden auch die Erntemethoden geändert: zur Samengewinnung wurden nun separate Felder bestellt, während man zur Gewinnung von Fasern die weiblichen Pflanzen schon vor der Samenreife zusammen mit den männlichen erntete. Häufig streben Hanfbauern auch eine Kuppelnutzung an: sie nehmen eine geringeren Faserertrag und einige unreife Samen in Kauf, ernten aber beide Produkte vom selben Acker.
Hier zeigt sich, dass die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten des Hanfs auch ihre Probleme mit sich bringen - ebenso wie sein mächtiges Wachstum, das die Hanfernte in der vorindustriellen Zeit zur aufwändigsten Feldarbeit überhaupt machte. Nach dem Schnitt bleiben die Hanfstengel zum Trocknen auf dem Feld, während dieser Zeit setzt auch schon ein Verrottungsprozess, die sogenannte Röste ein, bei der sich die Fasern vom Stengelholz zu lösen beginnen. Dabei werden die Stengel entweder zu Hocken aufgesetzt oder am Boden mehrfach gewendet - wenn ihr sattes Grün eine dunkelbraun Farbe angenommen hat wird die Ernte eingefahren.
Welche Herausforderung der grüne Dschungel eines Hanffelds auch noch heute bedeutet, konnten wir 1996 erleben, als nach Jahrzehnten des Vergessens und der Verbote in Deutschland erstmals wieder Hanf angebaut werden konnte. Die erste Hanfernte der Neuzeit sollte von Fernsehteams und Fotografen gebührend im Bild festgehalten werden, doch der mit einem üblichen Mähbalken versehene Traktor blieb nach wenigen Metern stehen: die Messer waren von den kräftigen Hanfstengeln überfordert und gebrochen. Mittlerweile ist dieses Problem gelöst, nach einem halben Jahrhundert Stillstand sind Hanf-Forschung und Technik wieder in Gang gekommen - mit verstärkten, doppelten Mähbalken werden heute in der Stunde bis zu 2 Hektar Hanf geerntet, mit Spezialmaschinen sogar bis zu 3,5 Hektar.
Hanfarbeit - Von der Pflanze zum Haushaltsprodukt
Es ist unbekannt, wie die Menschen erstmals den Nutzen des Hanfs entdeckten, doch drei Bestandteile der Pflanze kommen dafür in Frage: jemand kostete die Samen und fand sie wohlschmeckend; ein halb verrotteter Hanfstängel lag des Weges und seine Fasern ergaben die reißfesteste Seile und Netze oder trockene Hanfpflanzen wurden zum Feuermachen benutzt und der THC-haltige Rauch der Blüten entfaltete seine psychoaktive Wirkung.
Während die Blütenstände mit den Samen als Früchte sehr einfach geerntet werden können - die Samen werden aus dem getrockneten Hanfstroh auf herkömmliche Weise ausgedroschen und danach getrocknet - erfordert die Gewinnung der Faser mehrere Arbeitsschritte. Der Hanfstängel enthält neben seinem holzigen Anteil, den sogenannten Schäben, zwischen 20% und 30% Fasern, die ihn von außen umschließen. Durch das Trocknen und Rösten auf dem Feld löst sich ein Großteil des Pflanzenleims, der Fasern und Holz zusammenhält, was dann eine mechanische Trennung der Fasern ermöglicht. Um den witterungsabhängigen Röste-Prozess auf dem Feld zu umgehen oder abzukürzen, wurden die angetrockneten Hanfbüschel schon seit dem Mittelalter auch einige Tage in Flüssen oder eigens angelegten Becken gewässert - um dann, nach erneutem Trocknen, der sogenannten Breche zugeführt zu werden. Was heute große Brechmaschinen mit Walzwerken erledigen, wurde in vorindustrieller Zeit mit einer hölzernen Hanfbreche in Handarbeit getan: die Stängel wurden so oft geknickt, bis die hölzernen Schäben herausrieselten. Nach dem Brechen erfolgt ein zweiter Arbeitsgang, das Schwingen, bei dem die Fasern von Holzresten befreit und je nach Verwendungszweck weiter gereinigt und verfeinert wird. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurden die Prozesse der Hanfernte und Fasergewinnung schrittweise mechanisiert - überall in Europa entstanden Hanffabriken, die den Hanfbauern ihr getrocknetes Stroh abnahmen und die Weiterverarbeitung übernahmen. Dabei lieferten die in großen Mengen anfallenden Holzteile der Pflanze in der Regel die Energie für die Dampfmaschinen, sodass sich auch hier ein geschlossener Kreislauf ergab. Außer als Energiespender dienen die Hanf-Schäben wegen ihres hohen Zellulosegehalts auch als Papierrohstoff, sowie als Tiereinstreu und als Lieferant von Spanplatten und Dämmstoffen - so findet auch das scheinbar wertloseste Produkt der Pflanze eine vielfältige Verwendung. Die Fasern bilden, je nach Feinheitsgrad und Länge, den Ausgangsstoff für eine Vielfalt von Produkten - am wertvollsten sind die gehechelten und ausgekämmten Langfasern, aus denen Tuche und Leinwandstoffe entstehen, sowie die reißfestesten Garne und Seile. Wie Versuche in neuerer Zeit gezeigt haben, ist Hanf, was die Zugfestigkeit betrifft, sogar der Glasfaser überlegen, was ihn als Armierung für Beton und Bauteile geeignet macht. Die kürzeren Fasern werden ebenfalls zu Garnen versponnen oder sie dienen als Rohstoff für Dämm- und Isoliermatten.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Fasergewinnung aus Hanf technologisch ins Hintertreffen geraten - dank einfacherer Technik und Sklavenarbeit hatte Import-Baumwolle Hanf und Flachs als Textilfaser Nr. 1 in Europa abgelöst; aus den erorberten Gebieten drängten zudem billige exotische Fasern wie Sisal oder Jute auf die angestammten Märkte für technische Hanffasern. Es dauerte bis Anfang der 30er Jahre bis diese technische Lücke geschlossen war; 1938 erschien in der amerikanischen Zeitschrift "Popular Mechanics" die eine "Neue Milliarden Dollar Ernte" versprach, denn endlich "hatte man eine Maschine erfunden, die ein 6000 Jahre altes Problem löst... sodass mit geringem Arbeitsaufwand Hanffasern zur Verwertung verfügbar gemacht werden können." Doch der Artikel kam zu spät - wenige Monat vorher hatte eine Koalition aus Regierungsbeamten, Chemie-und Papierindustrie und Polizei den "Marihuana Tax Act" durch den Kongress gebracht, der den Hanfanbau ab 1938 in den USA - und nach dem 2. Weltkrieg auch in der westlichen Welt - nahezu zum Erliegen brachte. Das Zeitalter der Cannabis-Prohibition war angebrochen und verhinderte in den kommenden sechs Jahrzehnten den Anschluss der Nutzpflanze Hanf an das Industriezeitalter. Erst die Wiederentdeckung des Hanfs als nachwachsender Rohstoff in den 90er Jahren machte dieser "tabula rasa" in Forschung und Technik ein Ende.
Das wertvollste aller Körner
Hanfsamen sind das wertvollste und gehaltreichste Samenkorn des gesamten Pflanzenreichs. Sie können diese Behauptung sehr leicht überprüfen, indem sie auf Körner spezialisierte Experten - die Vögel - als Gutachter hinzuziehen.
HanfsamenLegen
sie auf ihrer Fensterbank oder Terrasse eine Auswahl verschiedener
Körner - Getreide, Sonnenblumen, Sesam, was gerade zur Hand ist - und
fügen Sie der Reihe auch einige Hanfsamen hinzu. Ziehen Sie sie sich auf
den Beobachterposten zurück und warten Sie auf den ersten
vorbeifliegenden "Experten" - gleich welcher Vogelart er angehört, er
wird die Hanfsamen immer als erstes verspeisen. Diese eindeutige
Präferenz beruht auf guten Gründen: kein anderes Korn enthält
essentielle Fettsäuren und Proteine in so großer Menge und
Ausgewogenheit wie Hanfsamen.
"Mache das Beste aus den indischen Hanfsamen und säe sie überall", wies der zum ersten amerikanischen Präsidenten aufgestiegene Farmbesitzer George Washington seinen Gutsverwalter an. Sein späterer Nachfolger Thomas Jefferson versuchte als Botschafter in Paris an besonders gute Hanfsamen aus der Türkei und China zu kommen, die den chinesischen Mandarinen so kostbar waren, dass ihr Export als Kapitalverbrechen bestraft wurde. Ein weiterer Diplomat und Wissenschaftler, Benjamin Franklin, gründete eine der ersten Hanfpapier-Fabriken der Vereinigten Staaten. Nicht nur diese drei Staatsführer standen, was ihr Engagement für Hanf betrifft, in einer Tradition, die Jahrhunderte zurückreichte. Das erste schriftliche Cannabisgesetz der Welt wurde um das Jahr 800 von Karl dem Großen erlassen, in seinem "Capitulare" verpflichtete er die Untertanen zum Anbau von Hanf, Bauern konnten ihre Steuern in Hanfsamen bezahlen. Diese Einstufung des Samens als Währung behielt bis ins 19. Jahrhundert Gültigkeit.
Neben ihrer Eigenschaft als eines der hochwertigsten Nahrungsmittel sind die Früchte des Hanfs, die botanisch korrekt eigentlich als "Nüsse" bezeichnet werden müssen, in erster Linie ein "Informationspaket", ein Träger genetischer Information. Cannabis sativa L. wird die Spezies genannt, die aufgrund dieser Gen-Information wächst, wobei "sativa" für "angebaut, kultiviert" steht und L. für Linnäus. Der schwedische Begründer der modernen botanischen Taxonomie unterschied vom angebauten Hanf noch eine zweite Sorte, Cannabis indica, was über 200 Jahre zu der Annahme führte, es gäbe zwei Arten von Hanf. Erst seit neuerer Zeit geht die Wissenschaft von einer Spezies aus, deren unterschiedliche Varietäten wie Cannabis indica oder Cannabis ruderalis züchtungsbedingt sind. Ebenso wie die Varietät des Hanfs kann auch der Harzgehalt der Pflanzen und der im Harz enthaltene berauschende Tetrahydrocannabibol (THC) durch Züchtungs-und Klimaeinflüsse verändert werden. Die derzeit in der Europäischen Union für den Anbau zugelassenen Hanfsorten zeichnen sich alle durch so niedrigen THC-Gehalt (unter 0,3%) aus, dass sie für die Produktion von Haschisch oder Marihuana ungeeignet sind. Auf der anderen Seite wurden mittlerweile auch Hanfsorten gezüchtet, deren Blütenspitzen über 20% THC enthalten, was sie für medizinische Anwendungen prädestiniert.
Dem Samenkorn ist die genetische Information, die es enthält, nicht anzusehen; auch enthalten Hanfsamen selbst keinerlei rauschwirksame Substanz. Dafür aber so viele Proteine, Fette und Nähstoffe, dass die eingangs zitierten gefiederten Experten als ärgster Feind eines frisch besamten Hanfeldes gelten - die Samen sollten mindestens fünf Zentimeter tief in den Boden eingebracht werden, um sie vor den Schnäbeln in Sicherheit zu bringen. Dies ist ebenfalls angeraten, wenn etwa hundert Tage nach der Aussaat die Samen in den Blüten herangereift sind. Dass einst die Vogelscheuche erfunden werden musste, verdankt sie wahrscheinlich auch diesem absoluten Leckerbissen aller Vögel. Dem wertvollsten Paket von Nährstoffen und genetischer Information, das die Natur bereitstellt.
Nahrung - die archaische Nr. 1 des "functional food"
Hanfsamen sind eine Ölfrucht, sie bestehen zu etwa 30% aus einem Öl, das als das wertvollste Speiseöl überhaupt gilt: "Sein ungewöhnlich gut ausgewogenes Fettsäure-Profil bedeutet, dass man sich ein Leben lang von Hanföl ernähren könnte, ohne einen Mangel an essentiellen Fettsäuren (EFA) zu erleiden."
Sein Gehalt an Gamma-Linolen-Säure (GLA) macht es einzigartig unter den Speiseölen.... Es ist das am perfektesten ausgewogene Öl, das die Natur liefert." So das Standardwerk des Ernährungswissenschaftlers Udo Erasmus zum Thema Öle und Fette ("Fats that heal, Fats that kill", Vancouver 1993).
Außer Hanfsamen gibt es nur noch ein einziges anderes Lebensmittel, das Gamma-Linolen-Säure enthält: es ist die Muttermilch. Die für den Hormonaufbau notwendige Fettsäure ist auch dafür verantwortlich, dass Hanföl hervorragende Eigenschaften als Therapeutikum bei Hautkrankheiten verfügt. Schon die alten Römer benutzten Salben aus Hanföl gegen Herpes. Als allerdings die Berliner Firma "HanfHaus", die 1996 das erste Hanf-Speiseöl aus deutschem Anbau wieder auf den Markt brachte, im Katalog den Pressebericht über eine Mutter veröffentlichte, die die Neurodermitis ihres Kleinkinds mit Hanföl kuriert hatte, setzte es eine Abmahnung wegen "unlauteren Wettbewerbs". Die Behauptung, dass Lebensmittel medizinische Wirkung haben, gilt als unerlaubte Werbung - auch wenn sie, was Gamma-Linolen-Säure betrifft, vielfach wissenschaftlich bestätigt ist.
Neben dieser therapeutisch wertvollen Substanz enthält Hanföl alle essentiellen Fettsäuren, die der menschliche Organismus braucht. "Essentiell" werden diese Fettsäuren genannt, weil der Körper sie nicht selbst produziert und sie durch die Nahrung zugeführt werden müssen. Dass die große Menge und perfekte Ausgewogenheit dieser lebensnotwendigen Fettsäuren und der zusätzliche, hohe Gehalt an Proteinen, Hanfsamen zu einem idealen Lebensmittel machen, war schon lange vor der Wiederentdeckung durch die moderne Ernährungswissenschaft bekannt. Im Mittelalter galt die aus Hanfsamen bereitete Suppe als "Suppe der Armen" und wurde von adeligen Feinschmeckern naserümpfend verachtet - die Bevölkerung freilich, der sie als Basisernährung diente, erfreute sich einer weitaus besseren Gesundheit als ihre Rebhuhn und Wachtel bevorzugenden Herren. Vom Wüten der Pest waren die höheren Kreise prozentual viel stärker betroffen als die gemeine Bevölkerung - was Medizinhistoriker auf ihre bessere Versorgung mit essentiellen Fettsäuren - und ein entsprechend stabileres Immunsystem zurückführen. So vermerkt denn auch ein Lexikon des 18. Jahrhunderts, dass einige Hanfkörner am Tag "ein gut Preservatio gegen die Pest" sein sollen.
Was den Gehalt an Eiweißen - Proteinen - betrifft, wird der Hanfsamen im Pflanzenreich nur noch von der Sojabohne übertroffen. Die zusätzlichen Fettsäuren aber sorgen dafür, dass sich kein anderes Nahrungsmittel der Welt mit dem Nährwert von Hanfsamen messen kann. "Die Verwendung von Cannabis", so stellen die Mediziner William Eidleman und Lee Hamilton von der Universität von Kalifornien 1991 fest, "verspricht uns ungeahnte Gesundheit und die Möglichkeit, die Ernährungsprobleme der Welt im Handumdrehen zu lösen."
Extrakte von Hanfsamen können wie Soja unterschiedlich weiterverarbeitet werden, von Hanf-Tofu bis zu Aufstrichpasten und Brotbelägen; gemahlene oder geschrotete Hanfsamen werden wie gewöhnliches Mehl verwendet; frische Hanf-Sprossen oder auch geschälte Hanfsamen, wie sie seit einiger Zeit wieder auf dem Markt sind, zählen zum absolut Besten, was dieser Planet für Gaumen und Magen zu bieten hat.
Medizin - von der Schamanenpflanze zum modernen Heilkraut
Cannabis macht "den Körper leicht", so heißt es im ältesten erhaltenen Arzneibuch der Menschheit, dem chinesischen "Pen Tsao", das im Jahr 2737 v.Chr. von dem mythischen Kaiser Shen-Nung zusammengestellt worden sein soll und Cannabis gegen verschiedene Leiden empfiehlt - von Gicht und Rheumatismus über Malaria und Verstopfung bis zur "geistigen Abwesenheit".
Als im 16. Jahrhundert die bis heute als Grundlagenwerk der chinesischen Kräutermedizin geltende Fassung des "Pen Tsao" von Li Shizhen erscheint, ist die Liste der Indikationen noch deutlich länger geworden: bei nervöser Verstimmung, Senilität, Komplikationen bei der Geburt, Menstruationsbeschwerden, Krämpfen, Hautausschlägen Geschwüren und Wunden empfehlen die chinesischen Ärzte Cannabis in den verschiedensten Zubereitungen.
Auch
die mittelalterliche Heilerin Hildegard von Bingen (1098- 1179)
züchtete in ihrem Kräutergarten den "Cannabus" und empfahl ihn zum
Beispiel bei Übelkeit und Magenschmerzen. Ob in Indien oder Tibet, in
Afrika oder Arabien, ob im antiken Rom oder in Russland - wo immer man
alte und älteste medizinische Aufzeichnungen stößt, wird dem Heilmittel
Hanf eine besondere Stellung eingeräumt. Christian Rätsch vergleicht in
seiner ethnomedizinischen Untersuchung "Hanf als Heilmittel"
(AT-Verlag, 1998) die kulturelle Rolle der Pflanze mit der des Büffels,
auf dessen Nutzung die gesamte indianische Kultur aufbaut. Auch Hanf
hatte solche kulturspendenden Funktionen und von Anbeginn an stets eine
unverzichtbare Rolle als Heilmittel, als rituelle Pflanze und als
Aphrodisiakum. Lange vor der explizit medizinischen Nutzung wurde die
Cannabispflanze von den Schamanen entdeckt, die in der Frühzeit der
Zivilisation die Rolle von Ärzten, Priestern, Psychiatern,
Naturwissenschaftlern, Wahrsagern, Zauberern und Hebammen in sich
vereinigten.
Pharmakologisch betrachtet ist das Hanfkraut ein merkwürdiger Zwitter: es hat sedative und stimulierende Wirkung. Deshalb wurde es sowohl als krampflösendes Husten- und Beruhigungsmittel wie auch als anregende und schmerzstillende "Kopfwehtablette" verwendet. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war aus Cannabisblüten hergestellte Hanf-Tinktur in den Apotheken Europas und der USA eines der am häufigsten verkauften Arzneimittel - und nicht nur Queen Victoria ging ohne ihre Cannabis-Medizin nicht aus dem Haus. Ihr Leibarzt John Russel Reynold verordnete Hanftinktur unter anderem gegen Husten, asthmatische Zustände, Migräne, Neuralgie, Krämpfe aller Art und Schlafstörungen bei älteren Menschen. Verdrängt als entspannende Universalmedizin wurde Hanf erst mit dem Siegeszug der pharmazeutischen Industrie - namentlich von jenem Stoff, den die Firma Bayer ab 1900 als "vorzügl. Beruhigungsmittel mit spezifisch hustenstillender Wirkung" international vermarktete: Heroin. Zu seinem heroischen Markennamen war das patentierte Opiat gekommen, weil die Bayer-Werke behaupteten, es könne den Morphinismus kurieren und die aus den Lazaretten als Junkies heimgekehrten Militärs wieder zu Helden machen. Bis man zugab, hier den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, war "Indisch-Hanf-Tinktur" aus dem deutschen Arzneibuch verschwunden (1941) - und in den prohibitionswütigen USA beeideten Mediziner, dass Cannabis "keinerlei therapeutischen Wert habe". So grotesk diese Aussage angesichts der langen Medizingeschichte des Hanfs scheint - sie galt fast ein halbes Jahrhundert lang als offizielle Lehrmeinung und verhindert heute die Rückkehr des Hanfkrauts in die Apotheken. Die einzigartigen Wirkungen von Cannabis gerade bei Schwerstkranken - als Appetitanreger bei AIDS, gegen Übelkeit bei Krebs-Chemotherapie, als Krampflöser bei MS-Patienten - steht zwar wissenschaftlich völlig außer Frage, dennoch verhindert der Drogenkrieg in den meisten Ländern den uneingeschränkten Zugang selbst für Patienten. Zwar ist seit einigen Jahren ein synthetisch hergestellter Hanfwirkstoff auf dem Markt ("Marinol", Dronabinol"), doch ist dieser nicht nur sündhaft teuer, sondern zeigt bei vielen Kranken auch eine weniger gute Heilwirkung als das natürliche Kraut. In Kalifornien und anderen US-Bundesstaaten, die sich per Volksabstimmung seit 1996 das Recht auf "Medical Marihuana" (und entsprechende Abgabestellen) erstritten haben, tobt seitdem ein erbitterter Justizkrieg mit der Bundesregierung. Wie die Päpste im Mittelalter sich weigerten, durch Galileis Fernrohr zu schauen, um ihr Weltbild nicht zu gefährden, weigern sich die meisten Politiker nach wie vor, die Ergebnisse der medizinischen Cannabisforschung zur Kenntnis zu nehmen. So sind bis heute viele Patienten gezwungen, sich ihre Medizin - eines der ältesten und ungefährlichsten Heilkräuter überhaupt - illegal anzubauen oder zu beschaffen. Insofern ist die Inquisition des Mittelalters noch nicht zu Ende.
Prohibition
"Haschisch in Maßen und in guter Qualität genossen, schadet kaum; übermäßiger, anhaltender Genuß von schlechtem Haschisch, namentlich bei dürftiger Ernährung, wirkt zerrüttend.(..)Man glaubt, dass sein Genuß zu harter, anhaltender Arbeit befähige, Schmerz tilge und den üblen Wirkungen des Klimawechsels vorbeuge. Man schreibt ihm die Erzeugung eines heiteren angenehmen Rausches zu."
So nüchtern und gelassen wie "Meyers Konversationslexikon" im Jahr 1908 über "den Hanf als Berauschungsmittel" berichtet, hatte einige Jahrzehnte zuvor auch die "Britische Hanfdrogenkommission" in Indien nach einer umfangreichen Untersuchung festgestellt, dass es keinen Grund gäbe, das traditionelle Rauschmittel der indischen Kolonie unter ein Verbot zu stellen. Vielmehr äußerte sie den Verdacht, "dass der Angriff auf die Hanfdrogen nur gestartet wurde, um an ihrer Stelle europäischen Schnaps zu verkaufen."
Wie diese Stellungnahmen deutlich machen, gab es zu dieser Zeit keinerlei "Cannabis-Problem", auch bei den internationalen Opiumkonferenzen des Völkerbunds, die zwischen 1911 und 1931 die ersten globalen Drogenverbote institutionalisierten, spielte der "Indische Hanf" nur eine Nebenrolle. Der Antrag ihn unter die zu kontrollierenden Substanzen aufzunehmen, der von Südafrika und Ägypten gestellt worden war - das Burenregime in Südafrika hatte mit einer aufmüpfigen, Dagga rauchenden Bevölkerung zu kämpfen - interessierte die europäischen Großmächte zwar kaum, um die möglichen Koalitionspartner bei anderen Abstimmungen aber nicht zu verprellen, erhielt er am Ende aber eine Mehrheit. Das Deutsche Reich als Weltmarktführer der Produktion von Morphin, Heroin und Kokain stimmte dem Hanf-Verbot zu, nachdem Ägypten zugesichert hatte, im Gegenzug keine Einfuhrverbote für Heroin und Kokain zu erlassen.
Erfunden wurde das "Cannabis-Problem" Anfang der 30er Jahre in den USA, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als neue Maschinen und Technik die Verarbeitung der Nutzpflanze erheblich vereinfachten. Dass die Anti-Hanf-Kampagne, die Harry Anslinger in dem eigens dafür gegründeten "Federal Bureau of Narcotics" startete - dem Vorgänger der heutigen "Drug Enforcement Agency" - von dem Chemiekonzern DuPont, der Öl-Industrie, sowie dem Waldbesitzer und Zeitungsmagnaten Hearst finanziert und gefördert wurde, wundert nicht. Ermöglichte doch ein Verbot des Hanf-Anbaus zum einen, eine ungeliebte Rohstoffkonkurrenz vom Acker zu verhindern - zum anderen ließen sich Minderheiten wie Schwarze und Latinos, aber auch weiße Musiker und Bohemians, die Cannabis konsumierten, damit erfolgreich schikanieren. Den bekennenden Rassisten und Hitler-Bewunderern DuPont und Hearst passte das politisch ebenso ins Konzept, wie der damaligen US-Regierung, die wegen der soeben aufgehobenen Alkohol-Prohibition für einen Überhang an Polizisten und Kontrollbeamten weitere Beschäftigung suchte. Mit dem "Marihuana Tax Act" von 1937 kam nicht nur der Hanf-Anbau in den USA zum Erliegen, die vorausgehende Kampagne gegen das "Mörderkraut" Cannabis legte auch den Grundstein für den bis heute währenden Rufmord des Hanfs. Von schierer Mordlust, über unbändigen Vergewaltigungsdrang bis zu völligem Wahnsinn gab es nahezu kein Übel, dass fortan nicht dem Cannabisgenuss angelastet wurde - ausgehend von den USA wird eines der sichersten und unschädlichsten Genussmittel der Menschheit nach Jahrtausenden des segensreichen, problemlosen Gebrauchs zum gefährlichen Rauschgift gestempelt. Harry Anslinger lässt von Louis Armstrong abwärts die gesamte Szene der Jazzmusiker bespitzeln und plant in einem großen Schlag, diese "diabolische Musik" ebenso auszurotten wie die Marihuana-Pflanze insgesamt.
Auch wenn man ihn hier noch zurückhalten konnte, nach dem 2. Weltkrieg wurde Anslinger zur neu gegründeten UNO weggelobt und konnte seinem Prohibitions-Wahn nunmehr auf internationaler Ebene frönen. Mit der bis heute gültigen "Single Convention" - der Drogenübereinkunft der UNO - die Cannabis in der Klasse der gefährlichsten Drogen führt, hat der manische Anti-Hanf-Bürokrat Anslinger der Welt ein Vermächtnis hinterlassen, dessen Revision nach wie vor aussteht. Die Prohibition von Cannabis beruht auf einem Fundament von pseudo-wissenschaftlichen Lügen und Propaganda, die sich seit über einem halben Jahrhundert tief ins öffentliche Bewusstsein eingegraben haben - doch der Wandel dieses Bewusstseins und die politische Wende zur Vernunft ist offensichtlich. Das Image der Hanfpflanze hat sich gewandelt, nicht mehr nur der "Rauschgift"-Aspekt, die ganze Pflanze und ihr vielfältiger Nutzen sind wieder ins Blickfeld geraten, das Heilkraut Hanf ist medizinisch rehabilitiert - und das Kiffen zu Genuss-und Entspannungszwecken ist vom esoterischen Geheimtipp einer Hippie-Minderheit zu einem selbstverständlichen Massenvergnügen geworden, trotz nach wie vor drakonischer Strafen in den meisten Ländern der Erde. Besser kann das vollständige Scheitern der Prohibition in der Praxis kaum demonstriert werden. Es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis die notorisch beharrlichen Sphären des Rechts und der Macht sich dieser Realität anpassen.